Was ist eigentlich Modest Fashion?

 

Kein Synonym für islamische Mode und keine Bezeichnung für unterdrückende Bekleidung.

Es eine Bekleidungsform, die vor allem in der Modebranche und in den Modemedien in den letzten Jahren durch die schnell wachsende Aufmerksamkeit internationaler Designer und Modemarken deutlich an Popularität gewonnen hat. Dabei geht es um eine Art der Bekleidung, die zu Deutsch als zurückgenommene oder bescheidene Mode bezeichnet wird, also weniger Haut zeigt und den weiblichen Körper größtenteils bedeckt – und auch in liberalen Gesellschaften auf freiwilliger Basis von Frauen unterschiedlichster Art getragen wird. Modest Fashion ist aus modischer Sicht besonders interessant, da sie zwar den Regeln der Bedeckung folgt, aber den zeitgeistigen und modernen Aspekt nicht außer Acht lässt – im Gegenteil, die Bedeutung von Stil und modischem Trendgeschehen ist deutlich gewachsen. 

Etwa 44 Milliarden Dollar werden weltweit im Jahr für die verhüllende Mode ausgegeben, so die jüngsten Schätzungen (laut Hamburger Abendblatt). Sehr häufig wird der Stil als muslimische Mode bezeichnet, was sicherlich damit zusammenhängt, dass muslimische Frauen den größten Konsumentenanteil der Modest Fashion ausmachen. Per Definition jedoch hat der Stil keine feste Zugehörigkeit zu einer Religion und einer Kultur und Designer, die in diesem Bereich tätig sind, definieren ihre Mode nicht ausschließlich für einen religiösen Abnehmerkreis, sondern für moderne, selbständige Frauen – ob religiös, oder nicht. So beschreibt auch die Gründerin des deutschen Labels Mizaan (www.mizaan.de), die als Vorreiterin der Modest Fashion Bewegung in Deutschland gilt und gerade in der letzten Zeit national auf großes Medieninteresse stößt, ihre Zielgruppe. “Wir bieten Kleider für alle Frauen, die das Bedürfnis nach mehr Stoff haben. Ganz unabhängig von ihrem Glauben.”, erklärt Meriem Lebdiri auf ihrer Website. “Dadurch vereinen wir Menschen. In ihrer Liebe zu moderner, eleganter Mode, die die Vielfältigkeit der Frauen authentisch widerspiegelt!

Der Modestil ist also religionsübergreifend – er spricht sowohl muslimische, als auch christliche und jüdische und hinduistische Frauen an, die sich aus religiösen Gründen mit unterschiedlichen bedeckenden Merkmalen kleiden wollen. Er spricht aber durchaus auch Frauen an, die einfach nur ein stilistisches und ästhetisches Bedürfnis nach körperbedeckender Bekleidung haben und darüber hinaus sogar die, die den Look derzeit als modisch-zeitgeistigen Trend empfinden. Bescheidenheit ist nun einmal ein Begriff, der nicht nur in den Religionen und Kulturen unterschiedlich definiert wird, sondern auch in dem persönlichem Empfinden variiert. Der wachsende Markt und das größere und vielseitige Angebot tragen durchaus dazu bei, dass Modest Fashion derzeit einen Trend-Status eingenommen hat. Abgesehen von Originalen wie The Modist, The Frock New York und Minumaxi, sind inzwischen Schwergewichte wie H&M, Uniqlo, Max Mara, Dolce & Gabbana, zahlreiche Blogger, Influencer und Stylisten mit an Board und tragen mit ihren Kampagnen, Stylings und Ideen einen ganzen Look so breit in die sozialen Medien, dass er längst nicht mehr befremdlich oder ungewöhnlich erscheint. Im Gegenteil – es tut sich eher der Gedanke auf ‚Sind wir nicht alle ein bisschen modest?‘

Natürlich tragen jetzt nicht alle Kopftücher, die selbstverständlich auch zum Angebot von zahlreichen Modest Fashion Shops gehören – dieses bleibt ein religiöses Kleidungsstück und als solches sollte es auch respektvoll behandelt werden. Aber die reine Ästhetik von Modest Fashion – unabhängig von religiösen Dogmen – der Wunsch sich stilvoll, elegant und bedeckter zu kleiden ist derzeit absolut nichts, was in der Frauenmode abwegig erscheint, sondern scheinbar gerade vermehrt ein generelles Empfinden abbildet und vielleicht ein tiefergehendes Bedürfnis anspricht  – und somit auch sehr zeitgemäß wirkt. Nachwirkungen der #metoo Debatte? Keine Lust mehr auf ein sexualisierte Inszenierungen und sex sells Mentalität? Mode war, ist und bleibt ein Spiegel der Gesellschaft und in diesem Fall der Ausdruck eines Frauenbildes, das seinen Fokus nicht länger auf Sexualität legt und dessen Maxime es nicht ist ‚sexy‘ zu sein. Die Säume werden länger, Dekolletés geschlossener und die skinny Silhouette wird durch eine fließende, loose und umspielende ersetzt.

Viele beschreiben es als einen vielleicht sogar ganz natürlichen Prozess, bei dem Frauen wieder zu den sichtbaren Grenzen der Weiblichkeit finden, nachdem es eine völlige Selbstverständlichkeit von medial verbreiteter Nacktheit und Freizügigkeit- nicht zuletzt durch Frauen wie Kim Kardashian und Co. – gab. Ein gesunder Prozess der Besinnung?

 

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