Das Problem ist, dass Wohlstand mit Konsum gleichgesetzt wird!“

(Das Gründer-Team von links nach rechts: Fabian Maurer, Daria Morosow und Stefan Maier, ©Klyda)

Der Countdown läuft. Zum Ende des Jahres soll die Online-Plattform KLYDA an den Start gehen, die es ihren Usern ermöglicht, Kleidung im Austausch miteinander zu verleihen. Style & the Gang hat im Interview mit Daria Morosow über das Projekt gesprochen – sie, Stefan Maier und Fabian Maurer bilden das dreiköpfige Macher-Team aus Stuttgart.

Style & the Gang: Ihr geht schon bald mit KLYDA online – was steckt hinter Eurem Projekt?

Daria Morosow: KLYDA ist eine Plattform, auf der Menschen keine Kleidung kaufen, sondern gegen Gebühr untereinander leihen und verleihen können. Business to Customer-Modelle gibt es im Bereich Secondhand-Mode ja bereits, wir haben uns daher überlegt, dass ein Konzept sinnvoll wäre, das nach dem Prinzip Customer to Customer funktioniert, quasi als Airbnb für Bekleidung. Wir vertreten die Meinung, dass im Sinne von mehr Umweltbewusstsein weniger gekauft werden sollte und sind ganz beim Sharing-Gedanken. Dabei konzentrieren wir uns zum Start von KLYDA auf Anlassmode.

Was heißt das genau?

Jeder von uns besitzt zu viele Klamotten, die Schränke sind voll. Anstatt sich nun immer wieder neue Teile anzuschaffen, ist es doch besser, sich Kleidung einfach auszuleihen, vor allem Anlassmode. Nur weil man zum Beispiel auf eine Hochzeit eingeladen ist, muss man nicht gleich ein ganze Kombi aus Kleid und passenden Accessoires kaufen, die dann womöglich eh nur einmal zum Einsatz kommt. Neben dem Umweltaspekt geht es hier natürlich auch um einen nicht unerheblichen Kostenaufwand. Gerade für junge Menschen ist es schwierig, sich mit wenig Geld angemessen für Anlässe einzukleiden. Wir wollen mit KLYDA einerseits eine Möglichkeit schaffen, nachhaltig und kostengünstig an Mode zu kommen. Andererseits bieten wir Verleihern die Chance, sich etwas Geld zu verdienen – mit Kleidung, die bestimmt nicht regelmäßig in Eigengebrauch ist. Als Ausleihgebühr für ein Kleidungsstück empfehlen wir ca. 15 Prozent des jeweiligen Kaufpreises, im Endeffekt kann aber jeder User selbst entscheiden, wie hoch er seine Leihgebühr ansetzt. Die Leihfrist beträgt in der Regel 14 Tage.

Ihr setzt Euch mit KLYDA für einen nachhaltigen, bewussten Konsum ein – was meint Ihr, ist Nachhaltigkeit für Menschen sowie Unternehmen aktuell mehr noch Trend oder echte Einstellung?

Ich denke, der Begriff tritt derzeit schon recht sinnentfremdet in Erscheinung. Viele wissen gar nicht, was Nachhaltigkeit eigentlich bedeutet. Und das kommt nicht von ungefähr: So greifen große Filialisten das Stichwort nur zu gern in ihren Slogans auf. Wenn man sich dann aber ihre Fashion Reports genauer anschaut, muss man feststellen, dass nicht viel in puncto Nachhaltigkeit dahinter steckt. Es geht vielmehr um eine schöne Fassade. Der Begriff der Nachhaltigkeit wird missbraucht, um bei Konsumenten Vertrauen zu schaffen. Nichtsdestotrotz macht sich meiner Meinung nach sowohl bei Verbrauchern als auch so manchen Unternehmen echtes Umdenken bemerkbar. Man muss genau hinschauen, aber es gibt schon Firmen, gerade StartUps, die tolle Ideen haben, tolle Sachen machen, zum Beispiel im Bereich Recycling.

Mögt Ihr Modetrends, die ja stets aufs Neue den konventionellen Konsum befeuern?

Modetrends an sich sind toll. Menschen, die Mode mögen, mögen es auch, Neues zu entdecken. Man denkt, man geht mit der Zeit. Entsprechend teilt sich eine positive Ausstrahlung mit. Ich finde jedoch, dass dies mittlerweile in eine Richtung geht, die nicht mehr gut ist. Es ist schlichtweg zu viel geworden. Hinter den Trends heute steckt doch meist nur noch Illusion. Es gibt nichts wirklich Neues, Altes wird einfach nur immer wieder angepasst.

Wie sollte sich denn das Konsumverhalten Deiner Meinung nach verändern?

Das Problem ist doch, dass Konsum mit sozialem Wohlstand gleichgesetzt wird, frei nach dem Motto ‚Hast Du was, bist Du was‘. Diese Idee von Wohlstand sollte aber unbedingt verschoben werden – in die Richtung von geistigem Wohlstand. Unternehmen signalisieren unterschwellig doch immer, dass man nicht genug sei, nur damit Dinge gekauft werden. So gehören Frustkäufe mittlerweile auch zum Alltag. Es ist von vielen Menschen gelernt, dass sich das Wohlbefinden bessert, wenn man Shoppen geht. Nur ist dies ein Trugschluss. Man muss die Gesellschaft dafür sensibilisieren und zum Umdenken anregen. Die Sharing Economy bietet viele Chancen. Wieso sollte man denn alles Mögliche besitzen, wenn man es doch auch ausleihen oder teilen kann?

Und wie siehst Du den Konsum von nachhaltigen Labels?

Nachhaltige Labels sind eine gute Sache, auch wenn die Akzeptanz auf dem Markt noch etwas auf sich warten lässt. Denn es ist für nachhaltige Bekleidung tiefer in die Taschen zu greifen, dies muss im Prozess erst angenommen werden. Dabei setzen Slow-Marken heutzutage nicht nur auf fair produzierte Kollektionen aus Bio-Materialien, sondern auch auf wasser- und CO2-reduzierte Herstellungsprozesse. Nichtsdestotrotz: Auch bei nachhaltigen Labels spielen natürlich kapitalistische Hintergründe eine Rolle, man will ja verkaufen. An erster Stelle sollte daher eine Umverteilung von bereits Vorhandenem stehen, man sollte erst aufbrauchen, was man hat. An zweiter Stelle kann man über Neues nachdenken – dann in Verbindung mit Nachhaltigkeit.

Wie gehst Du selbst mit Mode um?

Im Laufe der Zeit hat sich mehr und mehr ein bewusster Umgang mit Mode entwickelt. Ich habe mich viel mit Minimalismus und Capsule Wardrobes, der Praxis nach Marie Kondo beschäftigt. Es ist doch so, je mehr Dinge man besitzt, desto mehr Zeit verschwendet man auf diese. Das ist völlig unnötig, man braucht eigentlich nicht viel. Mit KLYDA wollen wir dem entgegenwirken. Wir möchten den Menschen ein Tool an die Hand geben, mit dem sie ihren aktuellen Konsum neu denken können, sich etwas Geld verdienen können. Man tut etwas Gutes und bekommt dafür auch etwas zurück. Es liegt uns fern, den moralischen Zeigefinger zu erheben, wir möchten vielmehr Inspiration sein und hoffen sehr, dass sich gerade in Zeiten der Klimabewegung endlich etwas in den Köpfen bewegt.

www.klyda.de

Discover more